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Muss ich erst „krank“ sein oder „verrückt werden“, um Hilfe zu bekommen?

  Das ist natürlich ein entrüsteter Eindruck, den einige von unserem Gesundheitssystem haben, wenn es um das Thema Psychotherapie und psychiatrische Diagnosen geht. Und tatsächlich ist es so, dass der Zugang zu einer kassenfinanzierten Psychotherapie nur über eine psychiatrische Diagnose möglich ist. Die einzige Möglichkeit, dem zu entkommen, besteht darin, die Psychotherapie selbst zu finanzieren. Dass dies selbstverständlich nicht jedem möglich ist, liegt auf der Hand.

Dennoch sollte nicht vergessen werden, dass der Versorgungsstandard in Deutschland einmalig ist. Gleichzeitig besteht immer noch ein Stigma und es gibt viele Vorurteile gegenüber der Psychotherapie und den Menschen, die eine solche in Anspruch nehmen. Dies ist beispielsweise in einigen Teilen der USA anders, obwohl dort die Psychotherapie selbst finanziert werden muss. Dort wird der „Shrink“ (= dt. Seelenklempner) schon beinah zum Statussymbol.

Jedenfalls zeigt dies zwei Extreme im Umgang mit der Thematik. Letztendlich ist es sicher nicht unvernünftig, darüber abzuwägen, eine sinnvolle Investition in die eigene Persönlichkeit und deren Entwicklung vorzunehmen. Das kann wohltuend sein, wenn beispielsweise das kassenfinanzierte Stundenkontingent aufgebraucht ist, aber noch einige Stunden benötigt werden, um den Prozess zu beenden, oder aber man sich in einer schwierigen Lage befindet, in der lediglich einige Beratungsgespräche ausreichend sind.